Glück im Unglück
Auf einmal war es da. Eine große harte
Kugel an meinem Knie. Was ist das? Ich bin weder gefallen, noch wurde
ich gestochen. Aber es tut auch nicht weh. Also soll ich zum Arzt
gehen oder darauf hoffen, dass dieses Ding wieder verschwindet.
Ich entschied mich für den Arztbesuch.
Zum Glück gibt es in unserem Wohnort ein kostenloses Centro de
Salud. Hierbei handelt es sich um ein kleines Krankenhaus, welches
kostenlose Behandlungen anbietet.
Nach ein, zwei Stunden Wartezeit kam
ich dran. Natürlich auf spanisch das ganze Gespräch mit dem Arzt.
Resultat: Ich muss in ein Krankenhaus in der Hauptstadt ,,Managua“,
um dort ein Röntgenbild machen zu lassen, da es keine Röntgengeräte
in dem Centro de Salud gibt. Könnte ein Tumor sein, aber man müsste
das erstmals überprüfen. Bitte was? Nun stiegen meine Sorgen.
Ich berichtete die neuen Informationen
meiner Organisation CEDRU. Alleine in ein großes Krankenhaus zu gehen
und dann noch mit meinem nicht perfektem Spanisch. Das begeisterte
mich weniger. Also fragte ich, ob mich nicht einer von dem CEDRU-Team
begleiten könnte.
Nur wann? Sofort. Per Zufall wollte
CEDRU ohnehin nach Managua.
Alles lief ganz schnell. Ich konnte
nicht mal mehr nach Hause gehen und Bescheid geben.
Im nächsten Moment stand ich vor dem
großen, neuen, modernen Krankenhaus. Neben mir Chilo (Cedru-Mentor)
und Lena. Die Empfangshalle war riesig. Zunächst wurden wir zur
Anmeldung geschickt, danach ging es zum Röntgen und als letztes zum
Spezialisten. Insgesamt waren wir 5 Stunden dort.
Auf dem Röntgenbild konnte man nicht
viel erkennen. Daher solle ich wiederkommen, um weitere Tests zu
machen, so der Arzt. Na toll, jetzt weiß ich immer noch nicht, was
für ein Ding ich da an meinem Knie habe.
Also abwarten...mit der Ungewissheit um
was es sich da handelt.
Meine Familie machte sich schon Sorgen.
Meine deutsche, sowie meine nicaraguanische. Sieben entgangene
Anrufe. Mein Handy hatte ich im Flugmodus. Zum Mittagessen war ich
nicht zu Hause.
Hätte ich doch besser mal Bescheid
gesagt. Das war ein Fehler. Kommt nicht mehr vor! Schlechtes Gewissen
kommt auf.
Es beginnen die schlechten Gedanken.
Muss das raus? Muss ich operiert werden? Was für Tests haben die
vor? Ist es harmlos oder kann es sich doch um etwas gefährliches
handeln?
5 Tage später machte ich mich mit Lena
noch mal auf dem Weg ins Krankenhaus, um die Termine für die Tests
und für den Endtermin beim Spezialisten auszumachen. Das war
schnell erledigt.
27.Februar um 7.00 morgens. Das heißt
für mich um 5.00 in der Früh den Bus nehmen.
Draußen war es noch dunkel. Die
Straßen leer. Ganz ungewohnt diese Ruhe.
Robert war so lieb und begleitete mich
ins Krankenhaus. Eigentlich hatte ich mich auf mehrere verschiedene
Tests eingestellt, aber stattdessen wurde mir lediglich Blut
abgenommen.
Die Ärztin hatte ein bisschen Probleme
mit meinen Venen. Die eine zu klein, die andere ziemlich schnell
leer. Und dann wurde ich auch noch ohnmächtig. Nicht der Angst
wegen, sondern weil mein Körper scheinbar mit dem Blutverlust
nicht gut zurecht kommt.
Danach war ich aber auch schon fertig.
,,Das war alles?“, fragte ich nochmal um sicher zu gehen.
Ja, das war's. Die Resultate erhalte
ich am 05. März am Termin bei dem Orthopäden.
Also nochmal Geduld.
Zu meinem finalen Termin begleitete
mich meine Mama (meine Eltern sind für einen Monat aus Deutschland
nach Nicaragua gekommen). Mit dem Minibus fuhren wir nach Managua.
Dann plötzlich ein lauter Aufprall. Jemand ist uns hinten rein
gefahren. Die gesamte Glasscheibe ist zersprungen. Die Menschen unter
Schock. Zum Glück ist niemandem etwas zugestoßen. Mein erster
Autounfall in meinem Leben. Was für ein unschönes Erlebnis.
Wir stiegen schnell in den nächsten
Bus und setzten unsere Fahrt Richtung Krankenhaus fort, denn ich
musste pünktlich zum Termin da sein.
Trotz Termin hieß es allerdings erst
mal warten. Nach einer längeren Zeit fragten wir dann nochmal nach.
Wir seien schon längst aufgerufen wurden, hieß es.
Na toll. Kann man nicht mal lauter
aufrufen?
Zum Glück kamen wir dann aber recht
schnell dran.
Die Blutergebnisse seien ganz normal,
erklärte der Arzt. Als ich ihm das Röntgenbild übergab, folgte
schnell die Diagnose. Ich habe ein Osteochondrom. Hierbei handelt es
sich um einen gutartigen Knochentumor. Eine bösartige Entwicklung ist selten. Es sei nichts gefährliches
und es ist gut möglich, dass ich dieses Geschwür bereits Jahre mit
mir herum trage. Trotzdem soll ich es raus operieren lassen. Dies hat
aber bis nach meiner Rückkehr nach Deutschland Zeit.
Erleichterung. Ich kann meinen
Freiwilligendienst also entspannt weiterführen und mich in
Deutschland um dieses Ding kümmern.
Ich bin froh, endlich Gewissheit zu
haben. Jedoch muss ich mich auf eine in Deutschland kommende
Operation einstellen.
Hey du!
AntwortenLöschenIch habe die Luft angehalten, als ich diesen Blogartikel gelesen habe. Das muss wirklich nicht einfach gewesen sein. Und den Mut und die Ausdauer, sich durch nicaraguanische Gesundheitszentren und Krankenhäuser durchzufragen, muss man auch erst mal haben!
Ich wünsche Dir trotz allem eine schöne Zeit mit deiner deutschen Familie. Ich hoffe, du kannst ihnen viele schöne Orte zeigen, die dir in den letzten 6 Monaten besonders gut gefallen haben! Wie du schon richtig sagst, du hattest echt Glück im Unglück, es hätte alles noch viel schlimmer kommen können.
Genieß die verbleibenden sechs Monate, sie werden noch schneller vorbeigehen, als die ersten sechs. Richte mal bei deiner nicaraguanischen Familie und in der Schule in El Salto schöne Grüße aus Deutschland aus. Ich vermisse euch alle sehr!
Liebe Grüße aus dem immer noch kalten und regnerischen Deutschland
Christoph